LR berichtet: Schäfer kämpft um Gold – Leipzig um seine Zukunft
RADSPORT Stehermeisterschaft zum letzten Mal in der Messestadt?
Cottbus: Im zurückliegenden Jahr war er der Herausforderer. Diesmal geht Stefan Schäfer als Titelverteidiger in die Deutschen Meisterschaften der Steher-Elite am Wochenende. Zum entscheidenden Kriterium bei der Gold-Vergabe könnte die marode Bahn in Leipzig werden. Ohnehin steht der Stehersport vor einer ungewissen Zukunft.
Stefan Schäfer weiß, dass diesmal alles anders wird. Wer das Trikot mit den schwarz-rot-goldenen Meisterstreifen trägt, der steht im Mittelpunkt. Denn jeder Konkurrent möchte den amtierenden Titelträger nur allzu gern vom Thron stürzen! Schäfer hat sich gedanklich darauf eingestellt. Seine Kampfansage vor den Meisterschaften der Steher am Freitag und Samstag in Leipzig: "Die Titelverteidigung ist mein klares Ziel."
Der 29-jährige Cottbuser vom Team Maloja Pushbikers setzte sich im vergangenen Jahr gemeinsam mit seinem Schrittmacher Peter Bäuerlein aus Nürnberg erstmals die Krone in dieser ganz speziellen Disziplin des Bahnradsports auf. Schäfer, der den Stehersport erst seit 2013 betreibt, fuhr damals ebenfalls in Leipzig der Konkurrenz im großen Finale über 60 Minuten auf und davon. Selbst dem zweitplatzierten Robert Retschke aus Aachen nahm er am Ende eine ganze Runde ab. Kurzum: Es war eine überzeugende Vorstellung.
Retschke sowie Thomas Steger aus Nürnberg und Marcel Barth (Gera) gehören auch diesmal zu den härtesten Widersachern des Lausitzers. Dazu kommen die zwei "großen Fragezeichen", wie Schäfer das Steher-Debüt der Straßenprofis Franz Schiewer aus Forst vom LKT Team Brandenburg ("Ich möchte ins Finale, vor allem aber will ich Erfahrung sammeln.") sowie Robert Förster (Markkleeberg) bezeichnet. Ob in den beiden Neulingen eine echte Konkurrenz für Schäfer erwachsen kann, wird sich schon am Wochenende in Leipzig zumindest ansatzweise zeigen.
Ein weiteres Fragezeichen für die Gold-Ambitionen des Titelverteidigers stellt die Bahn dar. Die altehrwürdige Betonpiste – Leipzig ist zum siebten Mal nach der Wende Gastgeber der nationalen Steher-Meisterschaften – muss dringend saniert werden. Doch die Messestadt lehnt dies aus Kostengründen ab. Nach dem Willen der Stadt-Oberen ist eine Sanierung in den nächsten Jahren nicht vorgesehen. Stattdessen soll die Bahn nur noch als Trainingsanlage dienen. Trotz seiner Goldfahrt im vergangenen Jahr hat auch Schäfer großen Respekt. "Weil sich die Bahn in einem schlechten Zustand befindet, ist sie schwierig zu fahren. Vor allem die Stunde im Finale wird hart."
Harte Zeiten stehen auch dem Steher-Sport bevor. Die Titelkämpfe sollten eigentlich zur Nominierung des deutschen Teams für die Europameisterschaften dienen. Allerdings gibt es bis heute keinen Ausrichter. Deshalb hatte sich der Sächsische Radfahrer-Bund bereit erklärt, die Titelkämpfe anlässlich des 1000-jährigen Jubiläums der Stadt Leipzig zu übernehmen. Die Kommune lehnte die Bitte um entsprechende Zuschüsse jedoch ab.
Auch die Verantwortlichen der Steher-Hochburg Forst schauen sehr genau hin, wie es in Leipzig weitergeht. "Leipzig gehört zu den traditionsreichsten Steher-Standorten. Es wäre schade, wenn diese Tradition wegbrechen würde. Wir hätten dann wieder einen Standort weniger", erklärt Frank Schneider als Vize-Präsident des PSV Forst.
Sollte Stefan Schäfer also wieder gewinnen, könnte es – leider – ein historischer Titelgewinn im möglicherweise letzten Rennen in Leipzig sein.
Frank Noack